Nissan Leaf im Test: Ein mehr als gelungenes Comeback

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Stefan Grundhoff
Stefan Grundhoff
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Anfang der 2010er Jahre war Nissan weltweit eine große Nummer. Gerade bei den Elektroautos setzte man lange vor Tesla mit dem Leaf echte Maßstäbe im Volumensegment. Doch die Nachfolgegeneration wurde zum Flop. Mit dem komplett neuen Leaf soll jetzt das Stecker-Comeback gelingen.

Der erste Leaf war ein Treffer, und im Nachhinein betrachtet in Sachen Design sowie Technik seinerzeit genau der richtige Weg. Wieso Nissan diesen verließ und mit der zweiten Generation betont extravagant auf Kundenfang gehen wollte, während Praktikabilität und Technologie in die dritte Reihe verbannt wurden, wird ein Geheimnis bleiben. Jetzt kommt nach 700.000 verkauften Blätter-Mobilen mit einiger Verspätung die dritte Generation – gerade noch rechtzeitig, um auf den Elektrozug aufzuspringen, der aktuell neue Fahrt aufnimmt.

Das wichtigste vorweg: Der neue Leaf kann sich sehen lassen. Seine Proportionen sind gefällig – das Platzangebot überzeugend. Obwohl 14 Zentimeter kürzer als sein Vorgänger gibt es innen deutlich mehr Platz als bisher. Zwei 14 Zoll große Displays, großzügig dimensionierte Sitze und praktische Ablagen – das passt im neuen Leaf.

In Sachen Wertigkeit gibt es jedoch Schwächen. Beste Beispiel ist das wenig ansehnlich Kunststoffelement, das an der Unterseite der Armaturentafel die Taster für die Gangwahl beheimatet. Sieht nicht gut aus und fasst sich auch nicht wertig an – ein krasser Gegensatz zu den scharfen Doppeldisplays und den in Armaturenbrett oder Türtafeln eingearbeiteten Textilelementen. Unterhalb der Sichtlilie fällt der Leaf bei seinen Verkleidungen ab, denn hier hielt schmerzhaftes Hartplastik Einzug in den sonst wohligen Innenraum.

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Der Nissan Leaf will mit einem Einstiegspreis zwischen 35.000 und 38.000 Euro nicht in der Premiumliga spielen, doch etwas mehr Chic und Oberflächenliebe wären angesichts der harten Konkurrenz wünschenswert. Auch weil sich das große Panoramadach auf Knopfdruck milchig verschatten lässt – kennt man unter anderem von Luxusmodellen wie Audi e-tron GT oder Porsche Taycan. Der Laderaum mit seinem Volumen von 437 Litern lässt sich durch Umlegen der Rückbank erweitern.

„Alle Komponenten im Nissan Leaf sind auf Effizienz getrimmt“

Unterwegs ist der Nissan Leaf auf der sogenannten CMF-Plattform des Renault-Nissan-Konzerns, die ausschließlich Elektroautos beheimatet. Für den Antrieb sorgt an der Vorderachse bei der Extended-Range-Variante ein Elektromotor mit 160 kW / 218 PS und einem maximalen Drehmoment von 355 Nm. Damit ist der Leaf solide, aber kaum sportlich motorisiert. Aus dem Stand geht es in guten 7,6 Sekunden, während die Höchstgeschwindigkeit bei 160 km/h liegt. „Der neue Nissan Leaf bietet ein reaktionsschnelles, sanftes und sicheres Fahrverhalten. Alle Komponenten sind dabei auf Effizienz getrimmt“, unterstreicht Richard Candler, verantwortlich für die Produktstrategie bei Nissan. Der Normverbrauch: 14,2 kWh / 100 km. Möglich gemacht durch den neuen Elektroantrieb und einen cW-Wert von 0,25.

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Wer die Reichweite von bis zu 600 Kilometer mit dem 72 kWh großen Batteriepaket der Extended-Range-Variante nicht benötigt, entscheidet sich für die Leaf-Basisversion. Deren 52 kWh großes Batteriepaket – bestens bekannt aus Renault 5 und dem ebenfalls neuen Nissan Micra – ist an einen 130 kW / 176 PS starken Elektromotor gekoppelt. Er spurtet auf 100 km/h in 8,6 Sekunden und ist ebenfalls 160 km/h schnell. Mit einer Ladung kommt der im britischen Sunderland gefertigte Nissan Leaf über 430 Kilometer weit. Das dürfte vielen Kunden reichen. Ob das auch für die 150 kW Ladegeschwindigkeit am Hypercharger gilt, darf zumindest für längere Strecken bezweifelt werden. Da fährt Nissan der Konkurrenz im Modelljahr 2026 hinterher.

Das gilt jedoch nicht beim Fahrverhalten, denn die dritte Leaf-Generation bewegt sich angenehm entspannt. Die Karosserie ist steif und die Lenkung direkt, während die Mehrlenkerachse hinten trotz 19-Zoll-Radsatz mit 235er Reifen für den nötigen Komfort sorgen soll. Das komplett verkleidete Batteriepaket im Unterboden sorgt nicht nur für eine gute Aerodynamik, sondern auch für einen niedrigen Schwerpunkt, obschon der Fronttriebler bei flotter Kurvenfahrt ein spürbares Wanken nicht überspielen kann. Über die Schaltpedale am Lenkrad lässt sich die Bremsenergie-Rückgewinnung nach Wunsch anpassen. Intelligenter als bei vielen Wettbewerbern lässt sich der neue Leaf mit Vehicle-to-Grid oder Vehicle-to-Load in ein elektrisches Umfeld daheim oder unterwegs einbetten.

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Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff ist Firmeninhaber und Geschäftsführer von press-inform und press-inform consult. Er ist seit frühester Kindheit ausgemachter Autofan. Die Begeisterung für den Journalismus kam etwas später, ist mittlerweile aber genau so tief verwurzelt. Nach Jahren des freien Journalismus gründete der Jurist 1994 das Pressebüro press-inform und 1998 die Beratungsfirma press-inform consult.

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