Die EU-Automobilindustrie zeigt sich offen für höhere CO2-Reduktionsziele bei Neuwagen ab dem Jahr 2030 – stellt allerdings auch Bedingungen und fordert, dass die EU-Mitgliedsstaaten auch verbindliche Verpflichtungen zum Aufbau der für E-Fahrzeuge erforderlichen Ladestationen und Wasserstofftankstellen erfüllen. Die CEOs der führenden europäischen Automobilhersteller stimmten diesem Vorschlag kürzlich auf einer Vorstandssitzung der European Automobile Manufacturers Association (ACEA) zu.
„Die enormen Investitionen unserer Branche in Fahrzeuge mit alternativem Antrieb zahlen sich aus. Im vergangenen Jahr war fast jedes zehnte in der EU zugelassene Auto elektrisch angetrieben. Dieser Trend kann jedoch nur aufrechterhalten werden, wenn die Regierungen entsprechende Investitionen in die Infrastruktur tätigen“, betont Oliver Zipse, der Vorstandsvorsitzende von BMW. Neue CO2-Ziele für 2030 müssen „von einem entsprechenden Hochlauf der Infrastruktur abhängig gemacht werden“, so Zipse.
Im Wesentlichen fordert der Branchenverband ACEA, dass die bevorstehende Verschärfung der CO2-Ziele für Pkw und Lieferwagen auch an strenge und EU-weite Ziele für den Aufbau von Infrastrukturen gekoppelt wird. Das Ziel einer CO2-neutralen Mobilität dürfe „keine einseitige Verpflichtung“ zulasten der Autohersteller sein, so Zipse.
Bisher gilt, dass der durchschnittliche CO2-Ausstoß von Neuwagen im Jahr 2030 um 37,5 Prozent niedriger sein muss als 2021. Da jedoch das EU-Klimaziel für 2030 erhöht werden soll, will EU-Kommissionsvize Frans Timmermans auch die Vorgaben für Autos und Lieferwagen nachschärfen und bis Juni einen einen offiziellen Vorschlag vorlegen.
„Wir müssen alle verfügbaren Antriebstechnologien nutzen, um den CO2-Fußabdruck unserer Fahrzeugflotte zu verringern“, sagt Zipse. Für die Einführung von Elektro-Fahrzeugen, sei es Batterie-elektrisch oder per Brennstoffzelle angetrieben, gelte eine einfache Logik: „Die Anzahl der Ladestationen und Wasserstoffstationen, zu deren Aufbau die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet sind, bestimmt, was ein realistisches CO2-Ziel für 2030 ist.“
Darüber hinaus sollten, so fordert es der ACEA, die EU-Mitgliedstaaten auch einen Rechtsrahmen für den raschen Ausbau der privaten Ladeinfrastruktur zu Hause sowie am Arbeitsplatz schaffen. „Der Erfolg des übergeordneten Ziels, die CO2-Emissionen des Verkehrssektors zu senken, hängt im Wesentlichen von der richtigen Infrastruktur ab“, erklärt Zipse. Der ACEA zähle darauf, dass die Kommission die notwendige Verbindung zwischen den Branchenzielen und denen der EU-Mitgliedstaaten herstellt.
Der Umweltverband BUND kritisiert die Forderung der Automobilindustrie nach staatlich aufgebauten Ladesäulen: Für den Aufbau von Ladeinfrastruktur sollte „die Automobilwirtschaft verantwortlich“ sein, erklärte BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg. Dass sie dazu finanziell in der Lage sei, „zeigen die auch für 2020 ausgezahlten Dividenden in Milliardenhöhe. EU und Bundesregierung können und müssen dafür in erster Linie die rechtliche Rahmen setzen.“
Quelle: ACEA – Pressemitteilung vom 31.03.2021 / Automobilwoche – Acea offen für strengere CO2-Grenzwerte