Standhaft sind sie bei Toyota, das muss man ihnen lassen. Beim Thema Wasserstoff wollen die Japaner einfach nicht nachgeben – auch wenn sie E-Autos mit und ohne Stecker bauen. Rein elektrische allerdings erst im kommenden Jahr mit dem BZ4X. Aber sie wollen partout weiterdenken. Weil Wasserstoff gegenüber der Batterie womöglich doch die zukunftsträchtigere Art der Fortbewegung sein könnte. Da muss man gar nicht die Endlichkeit von Rohstoffen bemühen.
Seit fast 25 Jahren setzt der Konzern auch auf die Brennstoffzelle – und wird für den Mirai längst nicht mehr so belächelt wie 1997 für den ersten Hybrid-Prius. Nur Hyundai treibt die Technologie ähnlich konsequent voran und hat mit dem Nexo mittlerweile ebenfalls die zweite Generation Wasserstoff-Auto im Angebot. Mercedes ist nach dem halbherzigen Versuch des GLC F-Cell schon wieder raus, während BMW – nach einer Episode aus den Anfängen der 2000er-Jahre – mit dem iX5 Hydrogen im kommenden Jahr zumindest in einer Kleinserie wieder einsteigt.
Für den Durchbruch auf breiter Front reicht das nicht. Doch bei Toyota glauben sie fest an das Nebeneinander der Technologien. Allerdings gedeihen Visionen einer emissionsfreien Zukunft in drei Generationen Gründerfamilie besser als im Schatten von Fünf-Jahres-Verträgen üblicher Vorstandsvorsitzender. Ganz bewusst habe Toyota seine Patente aus der Wasserstoff-Entwicklung freigegeben, sagt Ferry Franz – als Konzern-Repräsentant in Berlin so etwas wie der oberste Lobbyist der Marke. „Wir wollen, dass mehr Wasserstoff-Autos auf die Straße kommen – und damit auch mehr Tankstellen.“
Das bestehende Netz in Deutschland ist mit grobmaschig nicht böswillig beschrieben. Aktuell kommt Wasserstoff aus nicht mal 100 Zapfsäulen – es sollten laut diversen Ankündigungen längst sehr mehr sein. Ein Verbund aus Gas-Unternehmen und Autobauern plant an die 400 Säulen bis 2023. Doch selbst das wäre noch nicht einmal die Hälfte der 1000, die der Gas-Hersteller Linde mindestens für erforderlich hält.
Andererseits: Bei Kosten von rund einer Million Euro pro Tankstelle beliefe sich die flächendeckende Investition auf gut eine Milliarde – ein Betrag, den der Staat in den Hochzeiten der Pandemie beinahe im Tages-Takt an staatlichen Hilfen ausreichte. Oder anders gerechnet: Allein durch den Verzicht auf einen einzigen Kilometer Autobahn-Bau irgendwo im Lande wären gleich Dutzende Tankstellen finanziert. Entscheidend sei daher nicht, ob es ein paar tausend Euro Zuschuss zum Kauf eines Wasserstoff-Autos gebe, sagt Franz. Auch Subventionen an der Zapfsäule spielten letztlich keine Rolle. „Die Sache steht und fällt mit der Infrastruktur.“
Bei Bosch in Stuttgart geht man davon aus, dass in zehn Jahren an die 20 Prozent aller E-Autos weltweit mit Wasserstoff fahren werden. Den Durchbruch dürften die Nutzfahrzeuge bringen, deren CO2-Ausstoß nach EU-Vorgaben bis 2025 um im Schnitt 15 Prozent sinken muss, bis 2030 um 30 Prozent. Und mit fallenden Kosten, so die Prognose, werde die Technologie dann auch in Pkw vermehrt zum Einsatz kommen.
In einem ersten Schritt womöglich sogar ohne Brennstoffzelle. Daran glaubt man jedenfalls bei Mahle. Der ebenfalls in Stuttgart beheimatete Zulieferer – einst die Kathedrale des Kolbens – hat gerade ein neues Wasserstoff-Zentrum in Betrieb genommen. In den heiligen Hallen laufen zwei Prüfstände. Links arbeitet eine 60-kW-Brennstoffzelle, rechts ein modifizierter Lkw-Motor mit 500 PS.
Genau diesen dicken Brummern gilt hier das besondere Augenmerk. Früher haben die nach dem Selbstzünder-Prinzip gegast und für die bessere Zündung des Wasserstoffs ein bisschen Diesel mit eingespritzt. Weil das aber – neben ein paar Stickoxiden aus der Verbrennung – für unerwünschte Emissionen sorgt, setzt man nun auf die Zündkerzen-Idee des seligen Nikolaus Otto.
Großer Vorteil: Man spart sich die Brennstoffzelle, die zwar etwas effizienter arbeitet, aber eben auch deutlich teurer ist. Und: Bei der direkten Verbrennung per Einspritzung ins Saugrohr können die wichtigen Teile herkömmlicher Motoren wie Kurbelgehäuse oder Zylinderkopf weiterverwendet werden. Die bei Dieseln übliche hohe Verdichtung wird durch Muldenkolben auf etwa 12:1 gesenkt. Eine der wenigen Änderungen: Statt der Einspritzdüse wird eine Zündkerze montiert.
Allerdings können auch spezielle Kolbenringe nicht gänzlich verhindern, dass winzige Portionen des Wasserstoff-Gemischs unter Druck den Weg nach unten nehmen und Richtung Ölwanne entweichen. Gegen das Risiko einer Explosion muss daher ständig reinigende Luft durch den Kurbeltrieb geblasen werden.
Den Einsatz solcher Motoren sieht man bei Mahle vor allem abseits des Asphalts: in Baustellen-Lastern, Zugmaschinen, Tagebau-Kippern oder Mähdreschern. Im Prinzip überall da, wo schwere Lasten bei niedrigem Tempo zu bewegen sind. Genau dann nämlich wird das Thermo-Management der Brennstoffzelle zur Herausforderung. Die Brennraum-Technik funktioniert übrigens auch im Pkw. Ein Toyota-Prototyp – Corolla-Basis mit Dreizylinder-Turbo und der Allrad-Technik des GR Yaris – startet aktuell zu Testzwecken bei diversen japanischen Langstrecken-Rennen.
Und wer glaubt, Mahle müsse schon aus Eigennutz für das Auf und Ab im Motor kämpfen – mittlerweile verdienen die Stuttgarter ihr Geld mit Feinstfiltern, Komponenten für Thermo-Management und Systemlösungen für E-Mobilität. Das Geschäft mit Kolben liegt bei sieben Prozent.