Thomas Steg, einst Regierungssprecher unter Gerhard Schröder und Angela Merkel, heute Volkswagens Cheflobbyist, erklärte in einem Interview mit dem Tagesspiegel, wie VW die Elektromobilität zum Massenphänomen ausbauen will und wie sein vorheriger Termin bei Bundesfinanzminister Olaf Scholz verlaufen ist.
Demnach ist Finanzminister Scholz bewusst, „dass die Autoindustrie vor einem tiefgreifenden Wandel steht“. Steg und Scholz sind sich wohl einig, dass eine wie auch immer definierte finanzielle Förderung von reinen Elektroautos und Plug-in-Hybriden am besten „längerfristig angelegt“ ist. „Eine über Jahre verlässlich errichtete Förderkulisse schafft Vertrauen. Dann wissen alle, dass es Deutschland ernst meint mit der Elektromobilität“, so Steg im Interview.
Volkswagen habe sich dahingehend bereits „klar entschieden. Wir verfolgen die mutigste und entschlossenste Strategie zur Elektromobilität weltweit“, sagt Steg selbstbewusst über seinen Arbeitgeber: „Wir wollen eine neue Welt erschließen, investieren in den nächsten Jahren rund 30 Milliarden Euro.“ Allerdings müssen sich für einen elektromobilen Massenmarkt die Rahmenbedingungen ändern, so der Manager. Mit Scholz etwa habe er darüber gesprochen, „wie ein Gebrauchtwagenmarkt für Elektrofahrzeuge entstehen kann“, wie man elektrische Dienstwagen besser fördern kann und wie sich der Aufbau der Ladeinfrastruktur beschleunigen lässt.
Und auch das nach einem kleinen Zwist notwendige klärende Gespräch zwischen den größten deutschen Autoherstellern BMW, Daimler und VW zusammen mit dem VDA habe „für die notwendige Klarheit und Einigkeit gesorgt: Zur Elektromobilität gibt es mindestens bis 2030 keine gleichrangige Alternative. Weder die Brennstoffzelle noch synthetische Kraftstoffe werden bis dahin serienreif sein.“
Die Elektromobilität sei „im Interesse von Umwelt und Gesellschaft“ verteidigt Steg die Elektroauto-Offensive von Volkswagen. Die kommenden beiden Jahre seien „Schlüsseljahre für die Elektromobilität“, weil die Infrastruktur aufgebaut werden muss. Die Förderung von Kleinwagen, die etwa BMW mit seinen teuren, höherklassigen Premiumfahrzeugen als Wettbewerbsverzögerung empfindet, verteidigt Steg ebenfalls: Günstige Elektroautos für weniger als 20.000 Euro seien etwa auch für Pflege- oder Zustelldienste wichtig, die kurze Strecken zumeist innerstädtisch fahren und dabei besonders auf Anschaffungs- und Betriebskosten der Fahrzeuge schauen müssen. „Wir wollen Elektromobilität für Millionen“, so Steg. Um BMWs Bedenken auszuräumen, schlägt Steg in dem Interview vor, dass eine Förderung „zum Beispiel an eine gewerbliche Nutzung dieser kleinen E-Fahrzeuge geknüpft werden“ könnte.
Das Einstiegsfahrzeug in der ID.-Familie soll laut Steg nach 2023/24 in Emden gebaut werden. „Da haben wir eigene Pläne – aber es wird noch ein paar Jahre dauern, bis ein solches Auto auf den Markt kommt.“ Und auch in Sachen VW-eigene Zellproduktion stehe der Hersteller nicht unter Zeitdruck: „Um verlässlich in der ersten Welle der Elektromobilität planen zu können, haben wir mehrere koreanische und chinesische Zell-Lieferanten, die auch in Europa produzieren. Die Verträge laufen längerfristig.“ Es werde aber weiterhin untersucht, ob VW nicht auch selbst in die Zellproduktion einsteigt. Da die hohen Lohnkosten sowie die hohen Stromkosten in Deutschland „ein erhebliches Problem“ darstellen, wünscht sich Steg zumindest bei den Stromkosten „eine Entlastung, etwa durch eine Befreiung von der EEG-Umlage.“
Quelle: Tagesspiegel – „Wir verfolgen die mutigste Strategie zur Elektromobilität weltweit“