Zugegeben, eine Elektroauto-Offensive schaut etwas anders aus. Schließlich hat Ford im Rahmen des „Go Further“-Events im niederländischen Amsterdam zwar seine Elektrifizierungsstrategie für Europa vorgestellt und dabei 16 neue elektrifizierte Modelle angekündigt – ein Portfolio an Mild-, Voll- und Plug-In-Hybrid-Fahrzeugen, die mit verbesserter Kraftstoff-Effizienz punkten sollen. Aber reine Elektroautos sucht man unter den konkreten Neuvorstellungen noch vergebens. Immerhin sind einige in Planung.
Zu den Höhepunkten der „Go Further“-Veranstaltung zählte die Weltpremiere der neuen und mittlerweile dritten Ford Kuga-Generation. Der SUV-Bestseller wird als erste Ford-Baureihe überhaupt nicht nur als Benziner und Diesel zur Wahl stehen, sondern darüber hinaus auch als Mild-, Voll- und Plug-In-Hybrid. Die Markteinführung ist für das Frühjahr 2020 geplant.
Hinzu kommen die Plug-In-Hybrid-Versionen des neuen SUV-Top-Modells Explorer, der in Amsterdam seine Europa-Premiere feierte, sowie der achtsitzigen Großraum-Limousine Tourneo Custom. Sie vereinen die Vorteile rein elektrischer und damit lokal emissionsfreier Fortbewegung mit der Reichweitenfreiheit konventioneller Verbrennungsmotoren.
Die neuen Kuga- und Explorer-SUV-Modelle mit Plug-In-Hybrid kombinieren einen Verbrennungsmotor mit einer netzladefähigen Batterie und einem Elektromotor. Dies senkt einerseits den Verbrauch, ermöglicht andererseits aber auch rein elektrisches und damit lokal emissionsfreies Fahren.
Die Plug-in-Antriebe von Kuga und Explorer
Die Powersplit-Hybrid-Architektur der neuen Kuga-Generation kombiniert die hohe Energie-Effizienz und die Laufkultur eines Elektro-Antriebs mit dem Reichweitenvorteil und der Flexibilität eines konventionellen Verbrennungsmotors. Das System umfasst einen 2,5 Liter großen Vierzylinder-Benziner, der nach dem Atkinson-Prinzip arbeitet, einen Elektromotor und eine Lithium-Ionen-Batterie mit 14,4 Kilowattstunden (kWh) Ladekapazität. Gemeinsam entwickeln sie eine Systemleistung von 166 kW (225 PS). Rein elektrisch kann der Kuga Plug-in-Hybrid rund 50 Kilometer zurücklegen.
Bei der parallel geschalteten Hybrid-Architektur des Explorer kann die volle Systemleistung beider Motoren (Benziner und Elektro) gleichzeitig abgerufen werden. Dies zahlt sich zum Beispiel beim Ziehen schwerer Anhänger unter schwierigen Bedingungen aus. Das Hybrid-System besteht aus einem 257 kW (350 PS) starken EcoBoost-V6-Turbobenziner mit 3,0 Liter Hubraum und einem Elektromotor mit 74 kW (100 PS). Die Lithium-Ionen-Batterie hat eine Ladekapazität von 13,1 Kilowattstunden (kWh) und kann über eine Anschlussmöglichkeit – platziert im vorderen linken Kotflügel zwischen Tür und Radhaus – mit einer Ladestation verbunden werden. Die Systemleistung beträgt 331 kW (450 PS). Rein elektrisch kann der Explorer rund 40 Kilometer zurücklegen.
Im Transit Custom zeichnet sich der Plug-In-Hybrid durch eine serielle Konfiguration aus. Dies bedeutet: Der Benzinmotor hat keinerlei mechanische Verbindung zu den Antriebsrädern (Frontantrieb), sondern dient allein dem Aufladen der – stromnetzfähigen – Batterie und damit der Energieversorgung des Elektromotors. Die Vorderräder des Transit Custom PHEV werden ausschließlich vom Elektromotor angetrieben, der von einem 13,6 kWh großen Lithium-Ionen-Akku gespeist wird. Als sogenannter Range Extender lädt der mehrfach preisgekrönte Ford EcoBoost-Benzinmotor mit 1,0 Liter Hubraum – je nach gewähltem Fahrmodus – den Akku während der Fahrt wieder auf. Er vergrößert die Reichweite des Fahrzeugs auf rund 500 Kilometer, im rein elektrischen Modus sind rund 50 Kilometer möglich. Diese Fahrzeuge bieten sich speziell für den Einsatz in sogenannten ULEV-Zonen (Ultra-Low-Emission Vehicle) an, die in vielen europäischen Städten eingeführt werden sollen.
Ebenfalls neu und in Amsterdam vorgestellt: der Ford Fiesta und der Ford Focus, beide mit Mild-Hybrid-Technologie. Dabei ersetzt ein riemengetriebener Starter-Generator die konventionelle Lichtmaschine. Er rekuperiert kinetische Energie, die andernfalls als Reibung an den Bremsen ungenutzt verloren ginge, und speist damit eine luftgekühlte 48 Volt-Lithium-Ionen-Batterie. Der Starter-Generator ist in den Nebenaggregate-Strang integriert und unterstützt den 1,0 Liter-EcoBoost-Dreizylinder-Benziner bei geringeren Drehzahlen als Elektromotor mit zusätzlichem Drehmoment von bis zu 50 Nm. Gleichzeitig trägt er zu einem geringeren Kraftstoffverbrauch bei.
Ein bisschen rein elektrisch wurde es dann doch
Ford hat immerhin für 2021 eine rein batterie-elektrische Version der Nutzfahrzeug-Baureihe Transit angekündigt. Der Transit BEV (BEV = Battery Electric Vehicle), ein Transporter angesiedelt im 2-Tonnen-Nutzlastbereich, soll einen wichtigen Beitrag zu sauberer Luft und zu geringeren Geräuschemissionen in den Innenstädten leisten, zugleich aber auch die Betriebs- und Einsatzkosten für seine Betreiber senken.
Im Jahr 2020 soll ein bislang noch namenloses rein batterie-elektrisches Hochleistungs-SUV mit Schnelllade-Kapazität und einer Reichweite von rund 600 Kilometer nach WLTP-Norm auf den Markt kommen. Sein Design greift Ford zufolge Stil-Elemente des legendären Ford Mustang auf.
„Zukunftsweisend, technologisch fortschrittlich und mit einem breiten Angebot an elektrifizierten Antriebslösungen, die unterschiedlichste Anforderungen unterschiedlichster Kunden erfüllen: Dank unserer neuen Hybrid-Modelle wird Elektromobilität für so viele Autokäufer wie nie zuvor relevant und erschwinglich. Die heute vorgestellten Produkte sind der Startschuss für unseren Plan, ein umfassendes Angebot an smarten Fahrzeugen für eine smarte Welt zu entwickeln. Vom Ford Fiesta bis zum Ford Transit wird künftig jede Baureihe mit mindestens einer elektrifizierten Version auf den Markt kommen, die den Bedürfnissen und dem Budget unserer europäischen Kunden bestmöglich entspricht.“ – Stuart Rowley, Präsident Ford Europa
Bereits im Vorfeld der „Go Further“-Veranstaltung hatte Ford einige Hybrid-Fahrzeuge angekündigt beziehungsweise schon auf den Markt gebracht:
- Der Mondeo Hybrid als viertürige Limousine – und neu: auch als Turnier. Diese beiden Modelle vereinen Voll-Hybrid-Technologie (Elektromotor) mit einem Atkinson-Benzinmotor und bieten damit eine interessante Alternative zum Diesel.
- Der Tourneo Custom, eine achtsitzige Großraum-Limousine mit Mild-Hybrid-Technologie.
- Der Transit Custom Plug-In-Hybrid: Er zeichnet sich durch einen Elektroantrieb aus, der den 1,0 Liter-EcoBoost-Benziner als Range Extender nutzt. Die Markteinführung ist noch für dieses Jahr geplant. Ford testet diese Fahrzeuge derzeit in einem Großversuch in London. Weitere Praxistest im spanischen Valencia sowie in Köln beginnen in Kürze.
- Der Transit Custom EcoBlue Hybrid und der Transit EcoBlue Hybrid jeweils mit Mild-Hybrid-Technologie in Kombination mit EcoBlue-Dieselmotoren.
Elektromobilitäts-Offensive von Ford
Ford Europa hatte Anfang dieses Jahres angekündigt, dass – beginnend mit dem Ford Focus – jede Pkw- und Nutzfahrzeug-Modellreihe künftig um mindestens eine elektrifizierte Variante erweitert wird beziehungsweise dass auch ganz neue Baureihen mit elektrifizierten Antrieben auf den Markt kommen werden. Diese Fahrzeuge werden mit Mild-, Voll- oder Plug-In-Hybrid-Antrieb oder mit einem rein batterie-elektrischen Antrieb angeboten werden.
Das Ziel dieser Elektromobilitäts-Offensive: Ford will seinen europäischen Kunden ein umfangreiches Angebot an elektrifizierten Fahrzeugen bieten. Diese Hybrid- und batterie-elektrischen Modelle setzen auf Antriebslösungen, die für die unterschiedlichen Fahrzeug-Baureihen maßgeschneidert sind.
„Eine einzige Technologie, die allen Ansprüchen gerecht wird: Das gibt es bei der Elektrifizierung der Mobilität nicht, denn dafür sind die Anforderungen zu unterschiedlich. Ford hat daher eine nuancierte Antriebsstrang-Strategie entwickelt, mit der unsere Kunden die maßgeschneiderte Lösung für ihre Anforderungen finden.“ – Jörg Beyer, Executive Director, Produktentwicklung, Ford Europa
Der Ford Transit Smart Energy Concept: der Blick in die Zukunft
Ein weiteres Highlight, das Ford im Rahmen des „Go Further“-Events in Amsterdam vorgestellt hat, ist der Prototyp „Ford Transit Smart Energy Concept“ – ein batterie-elektrischer Mini-Bus mit zehn Sitzplätzen, entwickelt von den Ford-Ingenieuren des Technical Centers in Köln-Merkenich. Ford erforscht mit dieser Elektro-Studie neue Lösungsansätze zur Optimierung der Energie-Effizienz und zur Reichweiten-Maximierung elektrifizierter Fahrzeuge.
Der „Ford Transit Smart Energy Concept“ kann nach einer vierstündigen Ladezeit 150 Kilometer batterie-elektrisch zurücklegen und baut auf dem gleichen Antriebsstrang auf, der auch im StreetScooter WORK XL zum Einsatz kommt – ergänzt um einige energiesparende und rekuperierende Aspekte:
- ein innovatives Wärmepumpensystem, das insbesondere die Abwärme des Antriebstrangs und der Kabinenluft nutzt, um den Energiebedarf der bordeigenen Heizung um bis zu 65 Prozent zu senken. Dies ermöglicht eine Reichweitensteigerung um 20 Prozent.
- eine elektrische Schiebetür mit Fernbedienung, die im Normalfall nur zur Hälfte aufgleitet, um Wärmeverluste im Innenraum zu reduzieren. Sobald die Schiebetür geöffnet ist, werden Heizung, Ventilation und das Gebläse der Klimaanlage automatisch ausgeschaltet.
- beheizte und speziell gepolsterte Business-Class-Sitze, die es den Passagieren ermöglichen, ihre Wohlfühl-Temperatur individuell einzustellen. Dies senkt den Energiebedarf für das Beheizen des gesamten Innenraums.
- sechs Solarzellen auf dem Fahrzeugdach, welche eine 12-Volt-Batterie laden, die das Kabinenlicht, die Sitzheizungen und andere elektrische Onboard-Systeme wie das kabellose Ladefeld für Smartphones mit Strom versorgen.
- eine Polycarbonat-Trennwand zwischen dem Einstiegs- und Sitzbereich, die Wärmeverlusten beim Ein- und Aussteigen entgegenwirkt und die Passagiere zudem vor Witterungseinflüssen schützt.
- eine belüftete Doppelverglasung, die kalte Kontaktflächen vermeidet und die Fenster gegen Wärmeverluste isoliert.
- eine Ambiente-Beleuchtung, die ihren Farbton der aktuellen Kabinen-Temperatur anpasst. Sie wählt zum Beispiel Blau, sobald die Klimaanlage kühlt, und Rot bei laufender Heizung. Dies soll im Unterbewusstsein das Temperatur-Empfinden der Passagiere positiv beeinflussen.
- die Isolierung des Boden- und Dachbereichs im Fahrzeugheck, um auch hier den Verlust von Kabinenwärme zu senken.
Weitere Detail-Lösungen befinden sich in Vorbereitung, so zum Beispiel die sitzplatz-individuelle Klimasteuerung durch den Fahrer, der die Klimaanlage auf diesem Weg für nicht-belegte Plätze ausschalten kann. Zugleich soll auch eine automatische Sitzplatz-Belegungserkennung zum Einsatz kommen, wie sie bereits heute im Zusammenhang mit Airbags verwendet wird.
Fahrversuche mit dem Transit Smart Energy Concept sollen noch in diesem Jahr beginnen, sobald die Windkanaltests abgeschlossen sind.
Quelle: Ford – Pressemitteilung vom 02.04.2019