Das polnische Postunternehmen (Poczta Polska) hat im Herbst dieses Jahres ihren 6000 Fahrzeuge zählenden Fuhrpark um 20 elektrisch betriebene Nissan e-NV200 erweitert. Im Vorfeld hat das Unternehmen über einen Zeitraum von drei Monaten mehrere elektrische Automodelle getestet und sich schließlich für den Nissan e-NV200 entschieden, da sich gerade dieses Fahrzeug bei der Paketauslieferung mit einer Auslastung von bis zu 3,5t und einer Tonnage von bis zu 800 kg besonders gut bewährt hat.
20 E-Autos sind erst der Beginn für die Flotten-Elektrifizierung
Die Pressesprecherin des Unternehmens Justyna Siwek wies darauf hin, dass die Inbetriebnahme der ersten 20 Elektroautos erst der Anfang ist. Das Unternehmen arbeitet aktuell an der Aufstellung eines E-Mobilitätsstrategieplans für das gesamte Logistikunternehmen. Die Mobilitätsfrage ist dabei ein wichtiger Bestandteil der Zielsetzung einer umfassenden Nachhaltigkeit, die das Unternehmen anstrebt. Es ist davon auszugehen, dass weitere Ausschreibungen für E-Autos bei der Poczta Polska zu erwarten sind.
Zuletzt entschied sich die Poczta Polska für das Angebot der Arval Service Lease Polska. Das Leasingunternehmen stellt der Poczta Polska die elektrischen Fahrzeuge für 36 Monate zur Verfügung und übernimmt für diesen Zeitraum alle technischen Serviceleistungen. Die Versicherungsleistungen werden hingegen von der hauseigenen Versicherungsgesellschaft der polnischen Post übernommen.
Die Nissan e-NV200 Fahrzeuge verfügen über eine Leistung von 80 kW und sind mit einer 40 kWh–Batterie ausgestattet. Im Testprozedurzyklus (Worldwide Harmonised Light Vehicles Test Procedures, WLTP) wurde eine Höchstgeschwindigkeit von 123 km/h und bei Fahrbedingungen im Stadtverkehr eine Reichweite von 301 km erreicht. Der Laderaum ist mit mehr als vier Metern ausreichend und kann mit bis zu 742 kg beladen werden. Darüber hinaus bieten die integrierte Kamera im hinteren Bereich des Fahrzeugs und die damit koordinierten Rückspiegel eine wichtige Hilfe beim Einparken in der Stadt.
Der Prozess der Integration von elektrischen Fahrzeugen in den logistischen Ablauf der Poczta Polska ist mit zwei wichtigen Herausforderungen verbunden. Einerseits wird für den Einsatz der elektrischen Fahrzeuge eine dichte Ladeinfrastruktur benötigt, die es aktuell nur in urbanen Regionen gibt. Zwar kann der Nissan e-NV200 sowohl per AD (Wechselstrom) über den 230V–Zugang aufgeladen werden als auch im Schnellladeverfahren DC (Gleichstrom), doch noch ist die dafür notwendige Infrastruktur in Polen nicht ausreichend flächendeckend verfügbar.
Ladestationen-Situation in Polen eher mau
Statistiken aus dem Sommer 2019 zeigen, dass es in Polen rund 890 Ladesäulen mit insgesamt 1611 Ladepunkten gab. Diese Zahl dürfte inzwischen angestiegen sein, was aber nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass die Ladeterminals nach wie vor unzureichend und lückenhaft vorhanden sind. Dabei gibt es überdurchschnittlich viele Lademöglichkeiten entlang der Autobahnen und in einzelnen Großstädten. Wrocław ist besonders gut aufgestellt mit über 40 Ladestationen, während die drittgrößte Stadt Polens, Lódz, im vergangenen Sommer nicht einmal über 20 Ladestationen verfügte.
Aufgrund der unzureichenden Lademöglichkeiten werden die ersten 20 E-Autos der Poczta Polska ausschließlich in den Großstädten Białymstok, Bydgoszcz, Gdańsk, Katowice, Kraków, Lublin, Łódz, Poznan, Szczecin und Wrocław zum Einsatz kommen. Notwendig ist dafür, wie Justyna Siwek ausführte, eine erhebliche Umstellung der Paketboten, die sich erst an den Umgang und die Bedienbarkeit der E-Fahrzeuge gewöhnen müssen.
Aleksandra Fedorska ist polnisch-deutsche Politologin und Publizistin. Sie arbeitet als Korrespondentin für polnische und deutsche Medien in den Fachbereichen Energiepolitik und E-Mobilität. Fedorska lebt und arbeitet im schleswig-holsteinischen Jagel und in der polnischen Stadt Poznań.