Die Ökobilanz in Sachen CO2-Emissionen spielt für Automobilhersteller eine immer wichtigere Rolle. Plug-In-Hybride und Elektroautos gelten als Mittel der Wahl, um die CO2-Emissionen in Bezug auf die eigene Flotte spürbar zu senken. Wie Mercedes-Benz nun zu verstehen gab ist deren Bilanz der CO2‑Emissionen bei E-Autos und PHEV trotz hohem Aufwand positiv. Grund genug dies ein wenig genauer zu betrachten.
Wichtig ist hierbei die Tatsache, dass man den gesamten Lebenszyklus betrachtet, um ein realistisches Bild zu erhalten. So können E-Fahrzeuge oder auch elektrifizierte Fahrzeuge einen großen Teil der zunächst mehr aufgebrachten CO2‑Emissionen in der Produktion beim emissionsfreien Fahren wieder gut machen. Durch weitere Verringerungen der Ressourcen im Produktionsbereich ist zudem weiteres Optimierungspotenzial vorhanden.
Ziel der Daimler AG ist es, den Primärrohstoffeinsatz für elektrische Antriebe bis 2030 um 40 Prozent zu reduzieren. Neben dem sparsamen Umgang mit den Ressourcen spielen die Aufarbeitung von Bauteilen und das Recycling eingesetzter Rohstoffe eine wichtige Rolle. Der ganzheitliche Ansatz umfasst zudem auch den Einsatz von Fahrzeugbatterien in stationären Energiespeichern.
Betrachtung der Umweltverträglichkeit über gesamten Lebenszyklus
Um die Umweltverträglichkeit eines Fahrzeugs bewerten zu können, betrachtet das Unternehmen die Emissionen und den Ressourcenverbrauch der eigenen Fahrzeuge über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Dies geschieht mittels einer Ökobilanz, die die wichtigsten Umweltwirkungen erfasst – von der Rohstoffgewinnung über die Produktion und Nutzung bis hin zur Verwertung. Dabei zeigt sich: Schon heute fällt die Umweltbilanz von Elektrofahrzeugen und Plug-in-Hybriden hinsichtlich der CO2‑Emissionen trotz des höheren Aufwandes in der Herstellung durchaus positiv aus.
Denn trotz eines deutlich höheren Energiebedarfs in der Fertigung bringen PHEV und E-Fahrzeuge im Vergleich zu konventionellen Antrieben auch heute schon bei der Ökobilanz in Sachen CO2-Emissionen deutliche Vorteile mit sich. Im besten Fall kommt Daimler hier auf etwa 45 Prozent der Gesamtemissionen. Damit ist die Investition von mehr CO2‑Emissionen bei der Herstellung mehr als ausgeglichen.
Benziner und Diesel-Fahrzeuge mit schlechter Ökobilanz auf der Straße
Die Herstellung eines konventionellen Autos mit Benzinmotor erzeugt heute etwa 20 Prozent der CO2-Emissionen, die dieses Fahrzeug über seine Lebensdauer von durchschnittlich 200.000 km verursachen wird. Anders ausgedrückt: Der Energieverbrauch beim Fahren einschließlich der Gewinnung, Produktion und Distribution des Kraftstoffs macht 80 Prozent der CO2-Emissionen eines Ottomotor-Pkw aus.
Im Vergleich hierzu fällt die Bilanz eines Diesel-Fahrzeugs positiver aus. In der Fertigung fallen ähnlich viel Emissionen an, der Kraftstoffverbrauch ist aber deutlich geringer. Unter dem Strich führt dies über den Lebenszyklus zu einer CO2‑Ersparnis von etwa 13 Prozent.
Plug-In-Hybride und E-Autos gleichen Nachteile in der Produktion beim Fahren aus
Nimmt man nun Plug-In-Hybride in die Gleichung mit auf, zeigt sich, dass diese durch Technologiebauteile, besonders die Hochvoltbatterie, einen 20 Prozent höheren CO2 Ausstoß als ein vergleichbarer Wagen mit konventionellem Antrieb in der Fertigung verursachen. Durch konsequente Nutzung der Plug-in-Funktion durch regelmäßiges Aufladen der Batterie am Netz und die höhere Effizienz im Fahrbetrieb ermöglichen selbst beim aktuellen Strommix 40 Prozent weniger CO2-Emissionen im Fahrbetrieb. Geht man davon aus, dass die Batterie mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen geladen wird, steigt die CO2-Ersparnis im Fahrbetrieb auf 70 Prozent.
Trotz des deutlich höheren Aufwandes in der Herstellung kann der Plug-in-Hybrid daher über den gesamten Lebenszyklus einen großen Teil der CO2‑Emissionen einsparen und kommt im besten Fall auf etwa 45 Prozent der Gesamtemissionen eines Verbrenners. Damit ist die Investition von mehr CO2‑Emissionen bei der Herstellung mehr als gerechtfertigt.
Betrachtet man nun reine Elektrofahrzeuge steigen die verursachten CO2-Emissionen in der Produktion nochmals deutlich an. Diese verursachen in der Herstellung heute noch 80 Prozent höhere CO2-Emissionen als ein Verbrenner. Sie sparen aber im Fahrbetrieb mit konventionellem Strommix etwa 65 Prozent CO2 gegenüber diesem ein. Dadurch sind ihre Gesamtemissionen an CO2 über den ganzen Lebenszyklus bei gleicher Laufleistung um mindestens 40 Prozent geringer.
Setzt man beim Fahren seines Elektroautos nur auf regenerativen Strom, dann schrumpfen die CO2-Emissionen über den Lebenszyklus betrachtet um über 70 Prozent, im Vergleich mit einem vergleichbaren Verbrenner. Auf sehr ähnliche Zahlen kommt der Brennstoffzellenantrieb, der in der Herstellung weniger, im Fahrbetrieb aber etwas mehr Emissionen als das Batteriefahrzeug verursacht, und bei dem die Bereitstellung des Wasserstoffs einen großen Einfluss auf den Gesamteffekt hat.
Fortschritte in der Batterietechnik machen Elektroantrieb immer attraktiver
Es lässt sich demnach festhalten, dass die Optimierung der Batterietechnologie und -produktion ein großes Potenzial für weitere Einsparungen bietet. Schon heutige Batterien verursachen in der Herstellung rund 25 Prozent weniger CO2-Emissionen als Traktionsbatterien der ersten Generation. Für die nächste Generation stellen Experten Einsparungen in derselben Größenordnung in Aussicht: Die künftigen Batterien werden also nur noch halb so hohe CO2-Emissionen in der Herstellung verursachen wie die erste Generation und ein Drittel weniger als die heutige.
Des Weiteren werden künftige Batterie-Generationen weniger Rohstoffe benötigen. Besonders Materialien wie Kobalt, deren Gewinnung mit starken Umweltbelastungen verbunden ist, werden nahezu ganz ersetzt werden. Die Batterien werden eine höhere Energiedichte haben und bei gleicher Reichweite kleiner und leichter sein oder bei gleicher Größe und Gewicht deutlich größere Reichweiten erreichen.
Hierdurch ergibt sich ein positiver Aufwärtstrend für die Umweltbilanz und Attraktivität der Elektromobilität. Denn diese werden sich langfristig weiter verbessern – besonders, wenn die Energie aus regenerativen Quellen bezogen wird. Mit diesen Überlegungen im Hinterkopf erklärt sich auch, warum Daimler sich das Ziel gesetzt hat, den Einsatz an Primärrohstoffen im elektrischen Antriebsstrang bis 2030 um 40 Prozent zu senken.
Neben der Reduktion von seltenen Rohstoffen im Bereich der Fahrzeugbatterien gilt es aber auch das Recycling der verwendeten Rohstoffe wie Lithium, Nickel, Platin, Kobalt und seltenen Erden voranzutreiben. Denn dies ist integraler Bestandteil der Betrachtung und beginnt bereits bei der Konzeption der Bauteile. Diese Betrachtung geht hin bis zur Überwachung der gesamten Lieferkette ab der Mine bis zum Recycling. Dabei liegt auch ein hohes Augenmerk auf der Einhaltung der Menschenrechte bei den Arbeitsbedingungen der Beschäftigten.
Mercedes-Benz Cars führt dafür beispielsweise Vor-Ort-Kontrollen mit interdisziplinären Teams durch. Zur Verstärkung der Wirkung der eigenen Maßnahmen engagiert sich die Daimler AG in zahlreichen Initiativen, unter anderem in der Responsible Cobalt Initiative. Durch den Beitritt bündelt das Unternehmen seine Kräfte mit anderen Wirtschaftsunternehmen. Mit dem Human Rights Respect System hat Daimler einen systematischen Ansatz zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten. Der Anspruch: eine saubere Herkunft der Rohstoffe, zertifizierbaren Standards und eine transparente Lieferkette von der Mine bis hin zum Recycling des Fahrzeugs.
CO2-neutrale Energieversorgung der Montagewerke spielt ebenfalls eine Rolle
Dass die Bilanz der CO2‑Emissionen bei E-Autos und PHEV trotz hohem Aufwand positiv ist, ist zum Teil auch der CO2-neutralen Energieversorgung der Fertigungsstandorte zuzuschreiben. Aus diesem Grund werden alle Mercedes-Benz Werke in Deutschland bis 2022 auf eine CO2-neutrale Energieversorgung beispielsweise aus Wind- und Wasserkraft umgestellt. Damit verringert sich der CO2-Aufwand im Lebenszyklus der Fahrzeuge um den Anteil, der auf die Montage der Baugruppen entfällt.
Recycling-Konzept: Von der Wiederverwendung bis zur Verwertung
Greifen wir noch einmal das Thema Recycling auf. Erkenntnisse zum Recyceln von Lithium-Ionen Batterien konnten bereits vielfach in verschiedenen Forschungsprojekten und in Zusammenarbeit mit Lieferanten und Entsorgungspartnern gesammelt werden. Dabei wurden innovative Recyclingkonzepte entwickelt, die eine hochwertige Wiedergewinnung der wertvollen Bauteile bzw. Inhaltsstoffe ermöglichen. Für den Recyclingprozess hat das Unternehmen daher vier Stufen definiert und entsprechende Prozesse entwickelt:
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- ReUse: Wiederverwendung der Batterie. Hier beschränkt sich die Aufarbeitung auf Reinigungsarbeiten und den Tausch von Teilen mit begrenzter Nutzungsdauer wie z. B. Sicherungen.
- RePair: Diese tiefergehende Reparaturstufe schließt zusätzlich Reparaturarbeiten an der Batterie ein. So können einzelne Module des Batteriesystems ausgetauscht werden.
- ReManufacturing: Dieser Prozess umfasst die komplette Zerlegung der Batterie bis auf Einzelzellebene. Nach deren Sortierung, Prüfung und dem Austausch von Bauteilen kann das Batteriesystem wiederaufgebaut werden.
- ReMat: Dieser Prozess umfasst das stoffliche Recycling und die Wiedergewinnung der wertvollen Inhaltsstoffe. Für das Produktrecycling von Hochvoltbatterien hat die Daimler AG bereits heute am Standort Mannheim ein zentrales Aufarbeitungszentrum eingerichtet.
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„ReUse“ spielt bei Daimler eine entscheidende Rolle, wie man an der Gründung der hundertprozentigen Tochter Mercedes-Benz Energy GmbH sehen kann. Diese zeigen in Form von stationären Energiespeichern, dass der Lebenszyklus einer Plug-in- oder E-Fahrzeug-Batterie nicht mit dem Automobilbetrieb enden muss. Im Gegenteil, diese lassen sich für stationäre Batteriespeicher weiterverwenden. Geringe Leistungsverluste spielen hierbei keine Rolle. Die E-Batterien lassen sich im besten Fall, im wirtschaftlichen Betrieb eines stationären Speichers, für schätzungsweise mindestens zehn weitere Jahre verwenden. Durch die Weiterverwendung der Lithium-Ionen-Module lässt sich deren wirtschaftliche Nutzung also quasi verdoppeln.
Der erste 2nd-Life-Batteriespeicher ging im Oktober 2016 am REMONDIS-Hauptsitz im westfälischen Lünen ans Netz. Das 13-Megawattstunden-Projekt ist ein Joint Venture der Partner Daimler AG, The Mobility House AG und GETEC. Insgesamt 1.000 gebrauchte Batteriesysteme aus batterieelektrischen smart Fahrzeugen der zweiten Generation werden zu einem Stationärspeicher gebündelt und am deutschen Primärregelenergiemarkt vermarktet.
Auch Batteriesysteme, die noch nicht in Elektroautos zum Einsatz kamen, sondern als Ersatzteile vorgehalten werden, lassen sich als Energiespeicher zweitverwenden. Bestes Beispiel hierfür sich sicherlich rund 3.000 der für die aktuelle Elektro-smart Fahrzeugflotte vorgehaltenen Batteriemodule. Diese werden als „lebendes Ersatzteillager“ in der Nähe von Hannover zu einem Stationärspeicher gebündelt. Das Ersatzteillager dient als Schwankungsausgleich im deutschen Stromnetz und unterstützt so die Energiewende. Die Fertigstellung der Gesamtanlage mit einer Speicherkapazität von insgesamt 17,4 MWh ist noch für 2018 geplant.
Ein weiterer Großspeicher aus elektroautomobilen Batteriemodulen ging Ende Juni 2018 in Elverlingsen/Südwestfalen in Betrieb. Dort werden als „lebendes Ersatzteillager“ 1.920 Batteriemodule für den elektrischen smart der dritten Generation bevorratet. Diese stehen mit einer installierten Leistung von 8,96 MW und einer Energiekapazität von 9,8 MWh als Batteriespeicher dem Energiemarkt unter anderem zur Erbringung von Primärregelleistung zur Verfügung.
Quelle: Mercedes-Benz – Pressemitteilung vom 10. Oktober 2018