Am 1. September 2017 wurde ein neues Verfahren für Verbrauchs- und Abgastests in der Automobilindustrie eingeführt. Der neue WLTP-Zyklus (Worldwide Harmonized Light Vehicle Test Procedure) soll das Testverfahren weltweit harmonisieren. Er soll näher am realen Fahrgeschehen orientierte Testergebnisse liefern als das bisherige NEFZ-Verfahren (Neuer Europäischer Fahrzyklus), das mit den Jahren stark in die Kritik geraten ist. Dieses wurde 1992 beschlossen und 1996 von der Europäischen Kommission eingeführt.
Der NEFZ löste seinerzeit den Euromix mit seinen Konstantfahrten bei 90 und 120 km/h ab und umfasste erstmals genau definierte, auf normierten und kalibrierten Prüfständen zu absolvierende Fahrzyklen. Der Vorteil: Die Ergebnisse der Prüfungen sind über alle Hersteller und Prüfstände hinweg vergleich- und reproduzierbar. Und es wird nicht nur der Kraftstoffverbrauch gemessen, sondern auch Emissionen zum Beispiel von Stickoxiden oder Partikeln. Erst so war es zum Beispiel auch möglich, gesetzliche Grenzwerte zu definieren.
Doch der NEFZ hat eine Reihe von Nachteilen. So ist zum Beispiel der Effekt der Aerodynamik eines Pkw – ein entscheidender Effizienzfaktor im realen Überlandverkehr – bei den vergleichsweise geringen Geschwindigkeiten im NEFZ unterrepräsentiert. Hinzu kommt: Der NEFZ gilt in wichtigen Märkten außerhalb Europas nicht, bedeutende Regionen wie USA, Kanada oder Japan haben eigene Zyklen, China wiederum hat zusätzliche Verfahren neben dem NEFZ. Das führt bei global tätigen Autoherstellern zu einem enormen Prüf- und Entwicklungsaufwand und zu einer Vielzahl technischer Varianten eigentlich gleicher Automobile.
Der WLTP im Vergleich zum NEFZ
Das alte Testverfahren NEFZ
- Testzeit: 20 Minuten
- Testlänge: 11 Kilometer
- Durchschnittsgeschwindigkeit: 34 km/h
- Maximalgeschwindigkeit: 120 km/h
- Anteil Standzeit: 25 Prozent
- Mittlere Antriebsleistung: 4 kW
- Maximale Antriebsleistung: 34 kW
Das neue Testverfahren WLTP
- Testzeit: 30 Minuten
- Testlänge: 23,25 Kilometer
- Durchschnittsgeschwindigkeit: 46,5 km/h
- Maximalgeschwindigkeit: 131 km/h
- Anteil Standzeit: 13 Prozent
- Mittlere Antriebsleistung: 7 kW
- Maximale Antriebsleistung: 47 kW
Der WLTP ist näher am realen Fahrverhalten eines Fahrzeuglenkers und bietet eine genauere Testmethode als der NEFZ. Er definiert eindeutige Testbedingungen und schafft dadurch genauere, konsistentere und wiederholbarere Ergebnisse. Die nach WLTP ermittelten CO2-Werte sind zunächst seit dem 1. September 2017 bei der Genehmigung neuer Fahrzeugtypen verbindlich. Alte daraus errechnete Werte nach NEFZ werden noch in Fahrzeugpapieren zusätzlich ausgewiesen.
Ab dem 1. September 2018 müssen die Werte nach WLTP bei erstmaliger verkehrsrechtlicher Zulassung von Personenkraftwagen vorliegen. Die Automobilhersteller sind deshalb zudem dazu verpflichtet, alle auf dem Markt befindlichen Fahrzeugmodelle auch nach WLTP prüfen zu lassen, wenn diese weiter produziert werden und in den Verkehr kommen sollen.
Gegenüber dem NEFZ werden nach WLTP überwiegend höhere Emissionswerte erwartet. Momentan liegt der Realverbrauch im Schnitt zwischen 20 bis 30 Prozent über den im NEFZ-Verfahren ermittelten Werten. Die Abweichung nach dem neuen Messverfahren soll um 15 bis 20 Prozent über dem Wert des alten NEFZ-Testverfahrens liegen, schätzt der Automobilverband VDA.
Dennoch: Mit keinem genormten Zyklus lässt sich die Bandbreite der realen Verbräuche und Emissionen komplett abdecken. Zu unterschiedlich sind beispielsweise die klimatischen Bedingungen zwischen den tropischen Verhältnissen in Asien und den langen Wintern in Russland. Hinzu kommen jahreszeitliche Schwankungen.
Eine Rolle spielen auch die unterschiedlichen Verkehrsverhältnisse und Verkehrsdichte in Mega-Metropolen, verglichen mit wenig befahrenen Autobahnen oder Landstraßen oder Straßenprofile von den Bergregionen der Schweiz bis zur norddeutschen Tiefebene. Auch die Nutzung von Nebenverbrauchern wie Klimaanlage oder Beleuchtung hat einen Einfluss auf den Verbrauch wie nicht zuletzt die Fahrergewohnheiten und -temperamente der einzelnen Fahrer.
Wie sich der WLTP auf Plug-in-Hybride und Elektroautos auswirkt
Die neuen Regeln des WLTP werden auch für Plug-in-Hybride und Elektroautos verpflichtend, womit die Reichweitenangaben von reinen Elektroautos sinken und die Verbrauchsangaben von teilelektrischen Plug-in-Hybriden bzw. der Energieverbrauch eines Elektroautos, der in Kilowattstunden (kWh) pro 100 Kilometer angegeben wird, steigen dürften.
Plug-in-Hybride müssen das WLTP-Testverfahren übrigens so oft absolvieren, bis die Batterie komplett leer ist. Abschließend erfolgt ein weiterer Testlauf mit leerer Batterie. Der Verbrauch wird aus dem Durchschnittswert errechnet, bei dem zusätzlich die elektrische Reichweite ins Verhältnis zur Gesamtreichweite gesetzt und ein sogenannter „Utility Factor“ eingebracht wird.
Quellen: Ecomento.de – Normverbrauch: Bye Bye NEFZ, Hallo WLTP! // Daimler – Der neue Prüfzyklus WLTP: Näher am Realverbrauch